


STELLUNGNAHME | DIGITALPOLITIK | RECHENZENTREN
BDI-Stellungnahme im Rahmen des Konsultationsprozess zur nationalen
Rechenzentrumsstrategie
Stellungnahme der deutschen Industrie
10. Oktober 2025
Executive Summary
Rechenzentren sind das Rückgrat der digitalen Infrastruktur und bilden die Grundlage für eine leistungsfähige, resiliente und souveräne Digitalwirtschaft. Angesichts wachsender Anforderungen durch Cloud Computing, Künstliche Intelligenz und datenintensive Anwendungen gewinnt der Standort Deutschland zunehmend an strategischer Bedeutung. Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas und Deutschlands zu sichern und die digitale Souveränität zu stärken, muss Deutschland seine zentrale Rolle ausbauen.
Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die regulatorischen, infrastrukturellen und investitionsbezogenen Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln. Ziel muss es sein, bis 2030 eine leistungsstarke, sichere und nachhaltige Rechenzentrumslandschaft zu etablieren, die Innovationen fördert und als europäisches „KI-Inferenz-Herz“ fungiert
Die Vision eines zukunftsfähigen Rechenzentrumsstandortes Deutschland ist ambitioniert und notwendig. Erste politische und wirtschaftliche Initiativen zeigen, dass das Thema zunehmend in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit rückt. Dennoch besteht erheblicher Handlungsbedarf, um die Investitionsattraktivität des Standortes Deutschland zu steigern, regulatorische Hürden abzubauen und die die Rechenzentrumsinfrastruktur großflächig auszubauen.
Konkret schlägt der BDI folgende Maßnahmen als Teil einer neuen Rechenzentrumsstrategie vor:
▪ Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigen. Digitalisierte, vereinfachte und einheitliche Verfahren mit verlässlichen Fristen und hoher Planbarkeit sowie eine zentrale Ansprechstelle je Projekt.
▪ Zuverlässige Versorgung mit bezahlbarem, sauberem Strom sowie hochqualitativer digitaler Infrastruktur. Wettbewerbsfähige Strompreise und Netztarife, schneller Ausbau der Netze und effiziente Vergabeverfahren für Vergabe von Netzanschlüssen. Dies muss mit Verbesserungen im Genehmigungsprozess einhergehen Letzteres wird ohne Ersteres keine greifbaren Ergebnisse in Bezug auf eine beschleunigte Bereitstellung von Rechenzentrumsinfrastruktur bringen und umgekehrt.
▪ Einheitliche Regeln in der Europäischen Union statt deutscher Sonderwege. Effizienz- und Klimaziele sind wichtig, sollten aber europaweit koordiniert, technologieneutral und praktikabel sein, damit Projekte nicht verteuert oder verzögert werden. Die Umsetzung der IED und die Umsetzung der UVP-Richtlinie sollten dem EU-Rahmen treu bleiben und nicht zu Gold-Plating führen.
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Karl Göpel | Praktikant | Digitalisierung und Innovation | k.goepel@bdi.eu | +49 30 2028-1630 | www.bdi.eu
Philipp Schweikle | Referent | Digitalisierung und Innovation | p.schweikle@bdi.eu | +49 30 2028-1632 | www.bdi.eu
Polina Khubbeeva | Referentin | Digitalisierung und Innovation | p.khubbeeva@bdi.eu | +49 30 2028-1586 | www.bdi.eu
▪ Pragmatische Regulierung von Abwärme. Differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse statt pauschaler Verpflichtungen, die den Aufbau digitalstrategierelevanter Rechenzentren gefährden. Abwärme kann dort eingespeist werden, wo Fernwärmenetze und Abnehmer vorhanden sind. Berücksichtigung des Zielkonflikts zwischen netzdienlicher Standortwahl und der primären Existenz von Fernwärmenetzen in Ballungsgebieten.
▪ Schaffung eines geografisch differenzierten Rechenzentrumsstandortes Deutschland nicht durch regulatorische Vorgaben, sondern durch die Verbesserung des attraktiven Umfelds Ausweisung geeigneter Flächen mit der entsprechenden Infrastruktur in der Nähe (z. B. Strom, Wasser usw.) mit angepassten Flächennutzungsplänen durch Länder und Kommunen.
Wir als BDI bedanken uns für die frühzeitige Einbindung.
Inhaltsverzeichnis
aus Ihrer Sicht einen
Welche Merkmale und Rahmenbedingungen kennzeichnen aus Ihrer Sicht einen „zukunftsfähigen und leistungsstarken“ Rechenzentrumsstandort Deutschland im Jahr 2030?
Für eine nachhaltige Entwicklung des Rechenzentrumsstandorts Deutschland ist es entscheidend, das gesamte Ökosystem in den Blick zu nehmen. Neben den Betreibern spielen insbesondere die Zuliefererindustrie und die Anwenderindustrien eine zentrale Rolle. Eine erfolgreiche Strategie muss daher alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette einbeziehen und deren spezifische Bedarfe berücksichtigen.
Ein zukunftsfähiger und leistungsstarker Rechenzentrumsstandort Deutschland im Jahr 2030 zeichnet sich durch ausreichende Kapazitäten aus, die der Rolle einer führenden Volkswirtschaft gerecht werden und als Innovationsmotor für eine neue digitale Wirtschaft und Gesellschaft wirken. Durch seine Lage im Herzen Europas hat Deutschland die Möglichkeit, nicht nur ein nationales, sondern ein kontinentales Rückgrat für digitale Infrastruktur zu bilden. Rechenzentren in Deutschland können als europäisches „KI-Inferenz-Herz“ fungieren und damit einen zentralen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Europäischen Union leisten. Indem Deutschland hochperformante, sichere und nachhaltige digitale Infrastrukturen bereitstellt, wird der Standort zu einem Motor für die europäische Digitalwirtschaft, stärkt die digitale Souveränität Europas und ermöglicht es europäischen Unternehmen, im globalen Wettbewerb mit Amerika und Asien selbstbewusst zu bestehen. Zudem zeichnet sich ein zukunftsfähiger und leistungsstarker Rechenzentrumsstandort Deutschland durch eine robuste und KInative Infrastruktur aus, die skalierbare und sichere Lösungen für KI-Workloads bietet. Dies umfasst moderne Datenzentren, Hochgeschwindigkeitskonnektivität und leistungsfähige Netzwerke, die den steigenden Anforderungen der KI-Workloads gerecht werden und Engpässe vermeiden, um die Effizienz des KI-Trainings und die Nutzung von KI-Anwendungen in Echtzeit nicht zu behindern. Auch die Vernetzung der Rechenzentren sowie Vernetzungen innerhalb von Rechenzentren müssen mitbedacht werden. Im Ergebnis braucht es eine erheblich verdichtete Kommunikationsinfrastruktur, die ein reibungsloses Zusammenspielen von Hyperscalern und kleineren Rechenzentren ermöglicht. Die Backbone-Infrastruktur in Deutschland ist aktuell auf die Endkundenversorgung optimiert. Für einen Hochlauf von Höchstleistungsrechenzentren (KI und andere rechenintensive Anwendungen) fehlen die Data Center Interconnect.
Ein zukunftsfähiger und leistungsstarker Rechenzentrumsstandort ermöglicht den Zugang zu Spitzentechnologien. Ein hybrider Ansatz, der sowohl globale Public-Cloud-Kapazitäten als auch lokale Angebote nutzt, bietet den Vorteil, dass Kunden aus Wirtschaft und Industrie sowie weitere Nutzer ihre Bedürfnisse bestmöglich decken können. Die Förderung internationaler Datenflüsse ist wichtig, um den Zugang zu hochwertigen Daten zu sichern. Gleichzeitig sollte auf EU- und nationaler Ebene weiter nachdrücklich an der Entwicklung und Umsetzung internationaler Standards gearbeitet werden.
Dafür braucht es eine breit aufgestellte Rechenzentrumslandschaft aus Retail Colocation, Public Cloud Infrastrukturen, souveränen Cloud Angeboten für besondere Compliance und Schutzbedarfe, hochperformanten KI /HPC Clustern insbesondere für Inferenz sowie leistungsfähigen kleinen und mittelständischen Rechenzentren mit regionaler Nähe. Neben zuverlässiger Stromversorgung ist insbesondere eine hochleistungsfähige Glasfaserinfrastruktur entscheidend. So können die unterschiedlichen Vorteile vollumfänglich genutzt und die Bedarfe von Start-ups, Mittelstand und Großindustrie gleichermaßen bedient werden.
Zudem sollte die Rechenzentrumslandschaft in Deutschland geografisch diversifiziert sein. Nicht durch regulatorische Zwänge, sondern durch eine aktive Standortpolitik auch außerhalb der etablierten
Cluster. So entstehen zukunftssichere Arbeitsplätze, gerade in strukturschwachen Regionen. Voraussetzung dafür ist, dass genügend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, vom Handwerk über Elektro- und Kältetechnik bis hin zu Sicherheit und Betrieb. Heute fehlen diese Fachkräfte, sodass ohne Ausbildungsoffensiven, Umschulungen und gezielte Förderung in den Regionen der Ausbau von Rechenzentren nicht gelingen wird. Wer digitale Souveränität und Wertschöpfung in Deutschland sichern will, muss deshalb entsprechende Voraussetzungen schaffen. Rechenzentren eröffnen insbesondere in strukturschwachen Regionen neue, zukunftssichere Berufsperspektiven, auch für Handwerksberufe, die andernorts kaum noch existieren. Auf diese Weise können neue Hubs entstehen, die Wohlstand fördern und Versorgungssicherheit gewährleisten
Eine diversifizierte Rechenzentrumsstruktur stärkt zudem die Resilienz des Gesamtsystems. Um Resilienz umfassend zu denken, müssen jedoch weitere Aspekte berücksichtigt werden. Insbesondere die Datensicherheit ist hier entscheidend. Zudem ist die Stärkung der digitalen Souveränität durch diversifizierte Lieferketten notwendig, welche explizit europäische Lieferanten einschließen sollten. Hierfür ist die Schaffung ausreichender Anreize für private Investitionen notwendig. Auch Cybersicherheit spielt eine entscheidende Rolle. Sie beinhaltet die Einhaltung europäischer und international anerkannter Sicherheitsstandards und Risikomanagement-Frameworks Insgesamt sind eine redundante Stromversorgung, hohe Cybersicherheitsstandards und physischer Schutz vor Naturgefahren und Sabotage unerlässlich. Rechenzentren in Deutschland leisten einen wichtigen Beitrag zur digitalen Resilienz und zur Sicherheit anderer kritischer Infrastrukturen – insbesondere durch die Möglichkeit, Daten unter nationaler Souveränität zu speichern und im Krisenfall flexibel zu verlagern. Ihre Nähe zu Anwendungen des öffentlichen und privaten Sektors verbessert die Leistungsfähigkeit digitaler Dienste und stärkt die Reaktionsfähigkeit in sicherheitsrelevanten Bereichen
Eine effiziente, zuverlässige und preislich konkurrenzfähige Energieversorgung ist zudem von zentraler Bedeutung. Dies beinhaltet digitale Lösungen für das Energiemanagement, strategische Investitionen in die Modernisierung des Stromnetzes und die Diversifizierung der Energiequellen, begleitet von einer Harmonisierung regulatorischer Anforderungen bezüglich Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Rechenzentren europaweit Durch eine Entfristung der degressiven Abschreibung und durch Ausweitung des Kataloges der begünstigten Hardware des BMF-Schreibens vom 22.2.2022 könnten steuerliche Anreize gesetzt werden
Damit die Vision eines zukunftsfähigen und leistungsstarken Rechenzentrumsstandorts Realität wird, muss Deutschland seine Attraktivität als Investitionsstandort im globalen Wettbewerb ausbauen. Die Digitalwirtschaft inklusive Infrastruktur muss als systemrelevante Schlüsselbranche anerkannt werden und in der politischen sowie wirtschaftlichen Wahrnehmung endlich auch formell den gegenwärtigen Stellenwert für Wirtschaft und Gesellschaft einnehmen. Grundlage dafür bildet ein eigener, klarer, innovationsfreundlicher und einheitlich angewandter regulatorischer Rahmen, der Planungssicherheit schafft und Investitionen begünstigt. Als eine sinnvolle Ergänzung eines solchen Rahmens sollten wirtschaftliche Anreize für den Ausbau der Rechenzentrumsinfrastruktur geschaffen werden. Dies können Investitionsförderung für energieeffiziente Technologien und modulare Bauweisen, Infrastrukturförderprogramme für den Bau nachhaltiger und innovativer Rechenzentren sowie die Einbeziehung von Rechenzentren und Telekommunikationsnetzen in die bestehenden Entlastungsmaßnahmen für energieintensive Industrien sein
Nicht zuletzt sind qualifizierte Arbeitskräfte entscheidend. Um dieses Ziel zu erreichen sind z. B. eine praxisnahe Berufsorientierung und eine gestärkte duale Ausbildung erforderlich. Weiterhin braucht es bedarfsgerechte und praxisnahe Weiterbildungen und Qualifizierungen, längeres Arbeiten, mehr Erwerbsmigration sowie eine höhere Erwerbsbeteiligung von insbesondere Frauen. Diese
Maßnahmen lassen sich insbesondere in Partnerschaft mit der Wirtschaft und Unternehmen pragmatisch realisieren. Initiativen wie die „Allianz Digitale Kompetenzen“, ein Zusammenschluss des Bayerischen Digitalministeriums mit Unternehmen aus Bayern, die auf eine digitale Breitenbildung abzielt, sollten gestärkt, breiter bekannt gemacht und auch als Vorbild für die Fachkräftequalifizierung genutzt werden. Eine digitalisierte öffentliche Verwaltung, bei der die Cloud-Migration, die Nutzung von KI und die Modernisierung ihrer IT-Infrastrukturen im Fokus steht, dient dabei als Vorbild und schafft ebenfalls ein KI-affines Ökosystem.
Nur so kann sich Deutschland bis 2030 als führender Digitalstandort in Europa etablieren und nachhaltig sicherstellen, dass Rechenzentren zum Rückgrat einer wettbewerbsfähigen, souveränen und innovativen Wirtschaft werden. Damit dieses Ziel erreicht wird, müssen bis 2030 zudem konkrete Maßnahmen umgesetzt werden
Welche zentralen Herausforderungen und Chancen sehen Sie für den Rechenzentrumsstandort Deutschland in den kommenden Jahren?
HERAUSFORDERUNGEN
Wachsende Kapazitätslücke und steigender Bedarf
Der Bedarf an Rechenleistung steigt rasant. Europa müsste seine Rechenzentrumskapazitäten in den nächsten Jahren stark ausbauen, damit die Nachfrage durch zunehmende Digitalisierung und KI-Anwendungen gedeckt werden kann. In Deutschland droht eine Investitionsverlagerung, wenn Investitionsvorhaben wegen Kosten, Genehmigungen und Netzanschlüssen ausgebremst werden. Eine unzureichende Rechenzentrumskapazität gefährdet nicht nur die Leistungsfähigkeit der Digitalwirtschaft. Sie schwächt auch die Innovationskraft unserer Forschung, bremst die digitale Transformation der Industrie und nimmt Regionen die Chance, sich durch digitale Infrastrukturen wirtschaftlich und gesellschaftlich weiterzuentwickeln.
Unzureichende Stromversorgung
Rechenzentren brauchen große Mengen verlässlichen Stroms. Schon heute zeigen sich jedoch massive Engpässe: In vielen Regionen fehlen Netzanschlusskapazitäten und notwendige Ausbaumaßnahmen hinken dem Bedarf hinterher. Diese Netzengpässe bremsen den dringend nötigen Ausbau und führen dazu, dass Projekte verzögert oder ins Ausland verlagert werden. Damit verliert Deutschland nicht nur Investitionen, sondern auch Chancen für Innovation, Wertschöpfung und Beschäftigung.
Hoher Strompreis
Zusätzlich zu Netzengpässen kommen hohe Strompreise. Belastungen durch Steuern, Umlagen und Netzentgelte führen dazu, dass der Betrieb hierzulande teurer ist als in vielen Nachbarstaaten. Für eine Branche, deren Wettbewerbsfähigkeit wesentlich von Energiekosten abhängt, ist dies ein entscheidender Standortnachteil, der Investitionen hemmt. Der Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten ist ein erster wichtiger Schritt. Darüber hinaus muss die Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe auf die energieintensive Digitalwirtschaft ausgeweitet werden. Digitale Infrastrukturen von den Entlastungen bei der Stromsteuer auszuschließen, konterkariert das Ziel, digitale Souveränität zu stärken und Schlüsseltechnologien wie Cloud und KI zu fördern.
Aufwendige Planungs- und Genehmigungsverfahren
Genehmigungen dauern zu lange und fallen je nach Bundesland unterschiedlich aus. Zuständigkeiten sind häufig unklar, Prüfungen laufen nacheinander statt parallel, digitale Verfahren sind nicht durchgängig. Auch im Bestand sind Anpassungen und Erweiterungen unnötig kompliziert. Dies verzögert den Bau neuer Rechenzentren und erschwert die Skalierung
Hohe Nachhaltigkeitsanforderungen
Wir begrüßen das Ziel einer höheren Energieeffizienz. Damit die Regelungen tatsächlich wirksam sind, müssen sie aber praxistauglich und europäisch harmonisiert ausgestaltet werden. Das Energieeffizienzgesetz bedarf deshalb einer Überarbeitung. In seiner jetzigen Form schadet es unmittelbar dem Digital- und Rechenzentrumsstandort Deutschland. Insbesondere ist die gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren unter den derzeitigen infrastrukturellen Bedingungen nicht praktikabel, da es vielerorts an geeigneten Wärmeabnehmern und entsprechenden Netzen mangelt. Anstelle pauschaler Vorgaben sollte ein attraktiver Rechenzentrumsstandort in Deutschland künftig ein flexibles Bewertungsverfahren ermöglichen, das die technische Machbarkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Umweltverträglichkeit berücksichtigt und auch Projekte mit geringerem Verwertungspotenzial zulässt.
Fachkräftemangel
Der Mangel an qualifizierten IT- und Technik-Fachkräften stellt eine ernsthafte Wachstumsbremse dar.
Abhängigkeit von Anbietern
Fragen der digitalen und technologischen Souveränität müssen bei der Entwicklung des Rechenzentrumsstandorts mit einbezogen werden.
CHANCEN
Nachhaltigkeit als Standortvorteil
Rechenzentren, die auf erneuerbare Energien und Abwärmenutzung setzen, können sich als Vorreiter im internationalen Wettbewerb positionieren und von Förderprogrammen profitieren. Zudem kann durch die Einspeisung der Abwärme in Wärmenetze die Wärmewende unterstützen. Diese Art der Nutzung ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern eröffnet auch ein neues Geschäftsmodell, von dem sowohl die Kommune als auch die Betreiber der Rechenzentren profitieren würden. In der Praxis scheitern Projekte an fehlender Wärmeinfrastruktur, an der Wirtschaftlichkeit der Aufwertung mit Wärmepumpen und an der uneinheitlichen Regulierung. Nötig sind reduzierte Stromabgaben für Wärmepumpen, Entlastungen bei Netzentgelten und eine klare Regelung zur steuerfreien unentgeltlichen Abgabe von Abwärme. Darüber hinaus muss es weiterhin möglich sein, Standorte für Rechenzentren zu wählen, an denen Netzanschlusskapazitäten vorhanden sind, aber keine Wärmenetze existieren – andernfalls besteht die Gefahr eines Zielkonflikts zwischen der Abwärmenutzung und der netzfreundlichen Standortwahl von Rechenzentren sowie einer Einschränkung der nachhaltigen Entwicklungsaussichten für Regionen außerhalb von Ballungsräumen.
Strategische Lage Deutschlands
Mit zentraler Lage in Europa, guter Infrastruktur und Zugang zu großen Internetknoten (z. B. DE-CIX) bietet Deutschland ideale Voraussetzungen für internationale Betreiber. Hierfür braucht es neben Energie und Genehmigungen ausgewiesene, vorbereitete Standorte mit gesicherter Strom- und Datenanbindung Wir schlagen die Entwicklung solcher Standorte mit vorbereiteten Bebauungsplänen und aktiver Vermarktung vor
Digitalisierung und KI als Wachstumstreiber
Während die wachsende Kapazitätslücke und der steigende Bedarf zum einen eine Herausforderung darstellen, bietet die steigende Nachfrage nach Cloud-Diensten und Edge-Computing KI-Anwendungen enormes Wachstumspotenzial Deutschland hat die Chance, hier eine Führungsrolle in Europa zu übernehmen. Dies betrifft sowohl den Bereich Rechenzentren als auch KI-Anwendungen, da beide miteinander verbunden sind. Entscheidend für den Aufbau einer international wettbewerbsfähigen Position ist die enge Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen, der Industrie sowie dem breiteren Ökosystem Mittels zielgerichteter und breitenwirksamer Forschungsförderung kann die kommerzielle Integration entlang bestehender Wertschöpfungsprozesse und Erschließung neuer Geschäftsmodelle industrienah untermauert werden. Neben großskaligen KI-Anwendungen und Cloud-Lösungen sollte die Strategie auch die Potenziale industrieller KI und spezialisierter Anwendungen („narrow AI“) sowie die lokale Ausführung von KI („Edge AI“) gezielt adressieren. Gerade im industriellen Umfeld bieten diese Technologien erhebliche Chancen für Innovation und Wertschöpfung. Digitale Zwillinge stellen einen Schlüsselanwendungsfall für Rechenzentren dar, da sie große Datenmengen in Echtzeit verarbeiten und speichern. Sie ermöglichen virtuelle Abbildungen physischer Objekte und Prozesse und eröffnen neue Möglichkeiten für Simulation, Optimierung und vorausschauende Wartung.
Politische Initiativen
Die geplante nationale Rechenzentrumsstrategie sowie bestehende EU-weite Förderprogramme zur Stärkung der digitalen Souveränität haben das Potenzial, Investitionen und Innovationen in den Rechenzentrumstandort Deutschland zu fördern. Ein Beispiel kann das IPCEI-CIS sein, mit dem der Ausbau von Edge-Infrastruktur gefördert werden soll. Entscheidend für die Wirksamkeit der Programme ist dabei ihre möglichst unbürokratische und effiziente Ausgestaltung und Breitenwirksamkeit
Welche Rahmenbedingungen sollten aus Ihrer Sicht wie verändert werden, um Rechenzentrumsinvestitionen zu fördern und Innovation zu ermöglich Infrastruktur und Versorgungssicherheit?
Rechenzentren sind als kritische Infrastruktur gesetzlich anzuerkennen, damit sie im Rahmen von Netzanschlussverfahren und Netzausbau priorisiert behandelt werden, analog zur Versorgungssicherheit anderer systemrelevanter Sektoren. Der Ausbau der Mittel- und Hochspannungsnetze muss priorisiert erfolgen, um die Versorgungssicherheit digitaler Infrastrukturen zu gewährleisten. Netzanschlussverfahren für Rechenzentren sind durch verbindliche Fristen, etwa für Netzverträglichkeitsprüfungen und Genehmigungen, deutlich zu beschleunigen. Gleichzeitig sollten Netzbetreiber durch koordinierte Planung und transparente Kommunikation die Anzahl paralleler Anschlussbegehren reduzieren, um Engpässe und Verzögerungen zu vermeiden. Netzbetreiber sollten zentrale, digital zugängliche Anlaufstellen einrichten, über die Rechenzentren standardisierte und beschleunigte Netzanschlussverfahren koordinieren können. Die Ausweisung geeigneter Netzareale in
Netzentwicklungsplänen kann Planungssicherheit schaffen, muss aber mit Standortflexibilität abgewogen werden. Der Betrieb von Netzersatzanlagen (NEA) unterliegt strengen Vorgaben gemäß BImSchG und 44. BImSchV (Genehmigungspflicht, Emissionsmessung, Betriebsstunden, Registrierung). Internationale Beispiele (Schweiz, Niederlande) zeigen praxisnähere Ansätze mit flexibler Nutzung und Förderung emissionsarmer Technologien wie Brennstoffzellen.
ÜBERGREIFENDE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR RECHENZENTREN
Förderung und Beschaffung
Im Bereich Förderung und Beschaffung ist es entscheidend, dass Finanzierungsmechanismen und öffentliche Beschaffungsprozesse explizit Qualitätskriterien wie Sicherheit, Resilienz und Energieeffizienz berücksichtigen. Gleichzeitig sollte der Wettbewerb gestärkt werden, um den Zugang zu den besten verfügbaren Technologien zu ermöglichen. Flexible Finanzierungsmechanismen können parallel souveräne und öffentliche Cloud-Dienste adressieren. Regionale Besonderheiten, wie beispielsweise günstige Energieproduktion sollten bei der Standortwahl und Förderung von Rechenzentren stärker berücksichtigt werden. Der gezielte Ausbau von Rechenzentren und KI-Ökosystemen kann so auch in Regionalförderprogramme integriert werden.
Fachkräftesicherung
Für den erfolgreichen Ausbau der Rechenzentrumslandschaft ist die Fachkräftesicherung von zentraler Bedeutung. Dazu gehören eine Modernisierung der Berufsausbildung durch neue Ausbildungsberufe sowie bedarfsgerechte und praxistaugliche Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote im Bereich Rechenzentrumstechnik und IT-Sicherheit. Gleichzeitig müssen internationale Fachkräfte durch vereinfachte Visa- und Anerkennungsverfahren gezielt gewonnen werden. Ergänzend sind Kooperationen mit Hochschulen erforderlich, etwa über duale Studiengänge und praxisnahe Forschungsprojekte. Praxisnah bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Transfer von Fachkräften und Absolventen aus der Forschung in die Industrie gezielt gefördert wird – insbesondere durch Programme, die aktuelle Forschungserkenntnisse und technisches Know-how direkt in die Anwendung bei (Industrie-) Unternehmen bringen und so den unmittelbaren Bedarf der Branche adressieren. Auf diese Weise lässt sich der Personalbedarf langfristig sichern und das notwendige Know-how systematisch aufbauen.
Konnektivität
Bei der Konnektivität müssen Breitbandinvestitionen angereizt und deren effiziente und schnelle Umsetzung sichergestellt werden, indem regulatorische Anforderungen bei Genehmigungsbehörden gestrafft werden, um den Ausbau von Rechenzentren und Hochgeschwindigkeitsbreitband zu beschleunigen. Für den Hochlauf von Höchstleistungsrechenzentren und KI-Anwendungen ist der gezielte Ausbau von Data Center Interconnects und einer leistungsfähigen Backbone-Infrastruktur erforderlich. Die bisherige Fokussierung auf Endkundenversorgung reicht hierfür nicht aus.
Cybersicherheit
Die Anforderungen an die Cybersicherheit und Resilienz von Rechenzentren wird mit dem NIS2UmsuCG und dem KritisDG national ausgestaltet. Hierbei sollten die gesetzlichen Vorgaben nicht über die Richtlinien hinausgehen und deren bürokratiearme Umsetzung im Vordergrund stehen. Förderung der Umsetzung von Resilienzmaßnahmen oder Automatisierung der Cybersicherheit können zu einem Standortvorteil führen. In Branchenarbeitskreisen wie UP KRITIS sollten kritische Zulieferer
aufgenommen werden können. Regulatorische Angleichung und Kompatibilität, etwa durch gegenseitige Anerkennung von Zertifizierungssystemen, sind hierbei essenziell. Die europäischen Cybersecurity-Anforderungen sollten daher in diesem Bereich schnellstmöglich zur Anwendung kommen und Unternehmen in der Umsetzung unterstützt werden. Dabei sollte auch die Marktüberwachung zur Cybersecurity rasch aufgebaut werden und Kapazitäten bei Prüfstellen, wie Benannten Stellen, geschaffen werden. Auch der Bereich Akkredierung sollte für die künftigen Aufgaben in diesem Bereich ertüchtigt werden.
Datenpolitik
Die Datenpolitik sollte internationale Datenflüsse stärken und Datengesetze so anpassen, dass sie die KI-Entwicklung nicht behindert. Auch der Schutz kuratierter KI-Datensätze, einschließlich möglicher IP-Schutzrechte, sollte geprüft werden.
Standardisierung
Im Bereich Standardisierung ist es wichtig, die europäische Standardisierungsarbeit mit bestehenden internationalen Standards abzustimmen und industriegeführte, marktorientierte Standards zu unterstützen. Die Arbeiten an Normen, die die europäischen Vorschriften unterstützen und z. B. den Stand der Technik widerspiegeln, müssen zielgerichtet vorangetrieben werden. Auch die EU-Kommission sollte ihren Beitrag zur raschen Veröffentlichung der Fundstellen der Normen im EU-Amtsblatt leisten
Öffentliche Beschaffung
Schließlich sollten bei der öffentlichen Beschaffung die Prozesse modernisiert werden, um ein umfassendes Verständnis für neue technologische Lösungen zu ermöglichen. Dabei gilt es Innovationen und einen Mix aus internationalen und europäischen Angeboten zu stärken. Von diesem offenen Wettbewerb profitiert die Wirtschaft.
Optimierung der Planungs- und Genehmigungsprozesse
In Deutschland dauern Planungs- und Genehmigungsverfahren für Rechenzentren deutlich länger als im EU-Durchschnitt. Damit der steigende Bedarf gedeckt werden kann, müssen Verfahren vereinheitlicht, digitalisiert und beschleunigt werden. Dafür braucht es klare Fristen, spezifisch zugeschnittene Regelungen und Möglichkeiten, Behörden gezielt zu entlasten. Denkbar ist auch ein One-Stop-Shop für Rechenzentren, in welchem Behörden in einer zentralen Anlaufstelle zusammengeführt werden, um Fragen der Flächennutzung, Genehmigungen, Bauvorhaben, Umwelt, Energie und kommunale Belange zu koordinieren.
Ein zentraler Hebel liegt bei den Bebauungsplänen. Das bisher kaum genutzte Verfahren für vorhabenbezogene Bebauungspläne sollte zu einem Fast-Track-Verfahren weiterentwickelt werden, das innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden kann. Der Vorhabenträger erstellt dabei das Plankonzept, die Gemeinde behält die Entscheidungsfreiheit. Nach dem Billigungsbeschluss könnten parallel bereits weitere Genehmigungen laufen. Um Investitionssicherheit zu schaffen, sollten Widerspruchsmöglichkeiten zeitlich begrenzt und Bebauungspläne flexibler geändert werden können.
Auch bau- und immissionsschutzrechtliche Verfahren müssen verschlankt und verbindlicher gestaltet werden. Heute verhindern überladene Normen, unterschiedliche Auslegungen und fehlende Fristbindungen schnelle Entscheidungen. Notwendig sind eine verbindliche Checkliste für Antragsunterlagen,
eine Vollständigkeitsprüfung mit anschließender Vollständigkeitsfiktion sowie feste Entscheidungsfristen. Zudem muss eine Bindungswirkung eingeführt werden, damit einmal getroffene behördliche Entscheidungen für Folgeprüfungen Bestand haben. Bei Engpässen sollte die Möglichkeit bestehen, externe Projektmanager in die Verfahrensorganisation einzubinden.
Ein Sonderproblem stellen Notstromgeneratoren dar. Diese sind für Rechenzentren als kritische Infrastruktur unverzichtbar, werden aber rechtlich wie Dauerbetriebsanlagen behandelt. Hier braucht es eine bundesweite Klarstellung, dass sie ausschließlich als Notfallreserven zu bewerten sind. Ergänzend sollte der vorzeitige Beginn nach § 8a Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) erweitert werden, um Teilmaßnahmen wie Waldumwandlungen früher starten zu können.
Damit Rechenzentren in Deutschland zeitgerecht entstehen, müssen Planungs- und Genehmigungsprozesse digitalisiert, grundlegend vereinfacht und beschleunigt werden – mit Fast-Track-Verfahren für Bebauungspläne, verbindlichen Fristen, klaren Regeln für Notstromaggregate und einer Entschlackung der Prüfvorgänge. Nur so lassen sich die notwendigen Kapazitäten schnell und verlässlich aufbauen.
Schaffung von geeigneten Flächen
Rechenzentren benötigen Standorte mit stabiler Stromversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen, Glasfaseranbindung und der Möglichkeit zur Abwärmenutzung. Damit nachhaltige und wirtschaftliche Rechenzentren entstehen, müssen solche Standorte gezielt entwickelt werden. Die Bundesregierung sollte Kommunen darin unterstützen, Rechenzentren als Chance zu begreifen und die Voraussetzungen für erfolgreiche Ansiedlungen zu schaffen. Allerdings sehen viele Kommunen das Problem, dass Rechenzentren im Verhältnis zur benötigten Fläche vergleichsweise wenige Arbeitsplätze schaffen und damit als weniger attraktiv gelten. Hinzu kommt, dass Rechenzentren insbesondere in Ballungszentren zunehmend in Konkurrenz zu Industrieunternehmen um verfügbare Flächen treten. Aus standortpolitischer Sicht ist deshalb eine ausgewogene Flächenpolitik erforderlich, die die Interessen von Rechenzentren und Industrieunternehmen gleichermaßen berücksichtigt. Ziel muss es sein, dass Rechenzentren nicht auf Kosten der Industrie wichtige Flächen belegen, die letztere für Produktion, Innovation und die Gewinnung von Fachkräften benötigen. Eine strategische Flächenentwicklung sollte daher eine sorgfältige Abwägung zwischen den unterschiedlichen Nutzungsinteressen ermöglichen und Synergien – etwa durch gemeinsame Infrastruktur oder Abwärmenutzung – gezielt fördern.
Die Ausweisung geeigneter Flächen sollte fester Bestandteil kommunaler und regionaler Entwicklungsstrategien sein. Entscheidend ist dabei die Abstimmung mit bestehenden Gewerbe- und Industriegebieten sowie die Berücksichtigung der Energieinfrastruktur, der Netzanbindung und des Potenzials für Abwärmenutzung. Um den oft langwierigen Prozess neuer Bebauungspläne zu vermeiden, sollten Bebauungspläne für potenzielle Standorte im Voraus vorbereitet werden. So können bau- und immissionsschutzrechtliche Verfahren direkt eingeleitet und Investitionen schneller realisiert werden.
Andere Länder zeigen, wie es geht: In Schweden schaffen die Stockholm Data Parks optimale Bedingungen mit günstiger grüner Energie, Wärmenetzen für die Abnahme der Abwärme, Glasfaser und enger Zusammenarbeit aller Beteiligten. In Frankreich werden im Rahmen der KI-Investitionsoffensive gezielt Flächen für große Rechenzentren mit ausreichenden Stromkapazitäten bereitgestellt, was Standortsuche und Genehmigung erheblich beschleunigt.
Auch in Deutschland sollte eine solche Standortpolitik etabliert werden. Dazu gehört, vorbereitete Flächen mit allen notwendigen Infrastrukturen auszustatten, die Vermarktung aktiv zu fördern und damit eine Win-Win-Situation für Kommunen, Betreiber und die digitale Transformation zu schaffen.
ENERGIEPOLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR RECHENZENTREN
Die Energiepolitik sollte einen dualen Ansatz verfolgen, der sowohl die Energiebeschaffung beschleunigt als auch die Effizienz der Technologieinfrastrukturen für KI verbessert. Dies erfordert strategische Investitionen in die Modernisierung des Stromnetzes und die Diversifizierung der Energiequellen, begleitet von einer Harmonisierung regulatorischer Anforderungen bezüglich Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Rechenzentren europaweit Durch eine Entfristung der degressiven Abschreibung und durch Ausweitung des Kataloges der begünstigten Hardware des BMF-Schreibens vom 22.2.2022 könnten steuerliche Anreize gesetzt werden.
Energieeffizienzgesetz überarbeiten
An erster Stelle steht eine Überarbeitung des Energieeffizienzgesetzes Wir begrüßen das Ziel des Gesetzes, die Nachhaltigkeit der Rechenzentren in Deutschland zu erhöhen. Dabei muss jedoch klar sein, dass sich Deutschlands Klimaziele nur mit und nicht gegen die Digitalisierung erreichen lassen. Einige Vorgaben des Energieeffizienzgesetzes sind nicht praxistauglich und müssen angepasst werden, andere schaden der Nachhaltigkeit sogar unmittelbar. Dabei handelt es sich jeweils um Aspekte, die nicht unmittelbar auf die europäische Energieeffizienzrichtlinie zurückgehen, sondern einen Sonderweg des deutschen Gesetzgebers darstellen. Insbesondere die Vorgaben zum Anteil an wiederverwendeter Energie (ERF) aus § 11 sind strukturell nicht praxistauglich und werden einen massiven negativen Effekt auf die zukünftige Entwicklung des Rechenzentrums- und Digitalstandortes Deutschland haben. Auch die Vorgaben zur Energieverbrauchseffektivität (PUE) aus § 11 sind sehr ambitioniert. Die RZ-Branche agiert international und ist in vielen Fällen geografisch flexibel. Europa braucht deshalb einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen, um wettbewerbsfähig zu sein. Dabei darf es keine nationalen Alleingänge geben. Auf europäischer Ebene werden derzeit harmonisierte Maßnahmen für nachhaltige Rechenzentren innerhalb der EU erarbeitet. Für Berichtspflichten existieren diese bereits. Ein harmonisierter europäischer Binnenmarkt ist eine unserer größten Stärken und entscheidend, um im globalen Wettbewerb auf Augenhöhe zu agieren. Das Energieeffizienzgesetz muss daher überarbeitet und an die europäischen Vorgaben angeglichen werden. Im Rahmen der Novelle muss die bestehende Ausnahmeregelung für Netzknoten und damit für die Telekommunikationsinfrastruktur erhalten bleiben
Ein Hauptproblem ist der Fokus auf einzelne Kennzahlen wie den PUE (§ 11). Während dieser ein nützlicher Indikator sein kann, sind starre, pauschale Zielwerte nicht praxistauglich. Sie berücksichtigen weder unterschiedliche Standortbedingungen noch den ökologischen Fußabdruck von Bestandsanlagen. Ein pauschaler Wert für alle Rechenzentren ist nicht praxistauglich und hängt u. a. von Verfügbarkeit, Auslastung, Kühlkonzept und Kältemittel ab. Die Grenzwerte sollten daher diese Faktoren berücksichtigen, z. B. eine Staffelung nach Verfügbarkeit und eine Mindestauslastung von 60-80 Prozent beim besten geforderten PUE-Wert Zudem führt der extreme Fokus auf den PUE zu Fehlanreizen, etwa dem verstärkten Einsatz von Verdunstungskühlung mit hohem Wasserverbrauch. Nachhaltigkeit darf nicht auf einen einzelnen Parameter reduziert werden, sondern braucht einen ganzheitlichen Ansatz
Ebenso sind die Vorgaben zum Anteil wiederverwendeter Energie (ERF) (§ 11) realitätsfern. Ohne Abnehmer und Wärmenetze sind die pauschalen Werte nicht erfüllbar und blockieren Investitionen. Rechenzentren sollten zwar konzeptionell auf Abwärmenutzung vorbereitet sein, doch ob und wie diese umgesetzt wird, hängt von den technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vor Ort ab. Ein gesetzlicher Zwang, der die Standortwahl einschränkt und netzdienliche Ansiedlungen verhindert, ist nicht zielführend. Die Politik muss den Zielkonflikt zwischen Abwärmenutzung und Stromnetzdienlichkeit ausdrücklich berücksichtigen.
Auch die Berichtspflichten (§ 13 und Anlage 3) gehen weit über die EU-Richtlinie hinaus. Die Pflicht, Daten auf Ebene einzelner Rechenzentren uneingeschränkt zu veröffentlichen, widerspricht dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen und stellt ein Sicherheitsrisiko dar. Zudem existiert bereits eine europäische Plattform für die Datenerfassung. Eine zusätzliche deutsche Plattform verursacht unnötige Bürokratie und Kosten. Anlage 3 sollte gestrichen werden, die Berichtspflichten sind vollständig mit den EU-Vorgaben zu harmonisieren.
Effizienzvorgaben sollten technologieoffen gestaltet und anhand etablierter Kennzahlen gemäß DIN EN 50600 bewertet werden – insbesondere PUE, Anteil erneuerbarer Energien und Abwärmenutzung.
Ein Reifegradmodell für Energie- und Umweltmanagement nach DIN EN 50600-5-1 sollte als Grundlage für das Nachhaltigkeitsreporting dienen, mit angemessener Flexibilität für dezentrale Edge-Standorte.
Insgesamt sind klare, langfristig stabile rechtliche und europäisch harmonisierte Vorgaben zu Energieeffizienz (PUE-Werte, CO₂-Bilanzen und Umweltauflagen), sowie klare Vorgaben zur praktischen Umsetzung entscheidend für Planungs- und Investitionssicherheit.
Abwärmenutzung fördern
Abwärme aus Rechenzentren muss systematisch in die Wärmewende integriert werden. Heute scheitern Vorhaben häufig an der Wirtschaftlichkeit und an fehlender Infrastruktur. Politik und Verwaltung sollen Strom für Wärmepumpen zur Abwärmeaufwertung von Abgaben und Netzentgelten entlasten, damit die Temperaturanhebung auf ein nutzbares Niveau wirtschaftlich wird. Die unentgeltliche Abgabe von Abwärme ist steuerfrei zu stellen. Vorgaben für Rechenzentren und Wärmeabnehmer sind zu harmonisieren, damit beide Seiten mit identischen Zeitplänen und klaren Pflichten planen können. Entscheidend ist außerdem der gezielte Ausbau moderner Wärmenetze, denn ohne ausreichende Netze bleiben Abwärmepotenziale ungenutzt. Ein zentrales Hemmnis ist zudem die Absicherung von Wärmelieferungen: Stadtwerke fordern von Rechenzentrumsbetreibern häufig langfristige Liefergarantien (z. B. über 30 Jahre), was für viele Betreiber schwer zu erfüllen ist. Hier sollte der Bund unterstützend eingreifen, etwa indem er als Garantiegeber auftritt oder gesetzlich vorsieht, dass im Ausfall eines Rechenzentrums Ersatzmaßnahmen (wie E-Kessel, H₂-Kessel oder Gaskessel) finanziell abgesichert und aktiviert werden können. Eine solche gesetzliche Regelung würde die Planungssicherheit für beide Seiten erhöhen und die Integration von Abwärme in die kommunale Wärmeversorgung erleichtern. Die Flankierung durch den Bund ist insbesondere relevant für die nachhaltige Standortentwicklung, die Schaffung geeigneter Flächen, die Überarbeitung des Energieeffizienzgesetzes und die Förderung der Abwärmenutzung.
Wettbewerbsfähige Energieversorgung und Strompreise
Eine stabile und ausreichende Stromversorgung ist der wichtigste Standortfaktor für Rechenzentren. Deutschland schneidet hier bislang gut ab, doch die Herausforderungen nehmen rapide zu. Bereits heute gibt es in vielen Regionen keine freien Netzanschlusskapazitäten mehr. Besonders die rasche Entwicklung und wachsenden Anforderungen durch KI-Anwendungen verdeutlichen das Problem: Die Nachfrage steigt in einem Tempo, das mit den üblichen Zeithorizonten von sieben bis zehn Jahren für den Netzausbau nicht in Einklang zu bringen ist. Oberste Priorität muss deshalb ein schneller und zielgerichteter Netzausbau haben, der Rechenzentrums- und Stromversorgungsausbau eng miteinander koordiniert.
Neben dem Netzausbau braucht es ein effizientes Verfahren zur Vergabe von Netzanschlusskapazitäten. Wir setzen uns für ein Verfahren ein, das Anschlusskapazitäten grundsätzlich nach dem Eingangszeitpunkt der Anträge verteilt, dabei aber verbindliche Qualitätskriterien für Antragsteller vorsieht. Nur so lässt sich sicherstellen, dass begrenzte Netzkapazitäten sinnvoll eingesetzt und gleichzeitig wichtige Großprojekte ermöglicht werden. Ein solches Verfahren muss transparent sein, sowohl was die verfügbaren Netzkapazitäten als auch was die Nachfrageentwicklung betrifft, sinnvoll Großprojekte ermöglichen, Spekulationen sowie Missbrauch verhindern und sollte vom zuständigen Ministerium vorangetrieben werden.
Zudem ist eine gesetzliche Klarstellung erforderlich, dass Batteriespeicher nicht unter die Kraftwerksnetzanschlussverordnung (KraftNAV) fallen. Derzeit nutzen einige Anbieter von Großbatteriespeichern eine rechtliche Grauzone, um sich als Erzeugungsanlagen einzuordnen und dadurch bevorzugten Netzanschluss zu erhalten. Dies führt dazu, dass innerhalb weniger Monate riesige Anschlussmengen reserviert werden, ohne dass tatsächlich Projekte realisiert werden. Schon heute stehen über 200 Gigawatt beantragter Leistung einer realisierten Kapazität von nur 1,4 Gigawatt gegenüber. Diese Blockade benachteiligt andere Großverbraucher wie Rechenzentren massiv. Hier braucht es dringend ein faires Verfahren, das Netzanschlüsse effizient und gerecht vergibt.
Parallel zu diesen strukturellen Reformen muss sichergestellt werden, dass die Energieversorgung von Rechenzentren auch langfristig nachhaltig und klimaverträglich ist. Eine sichere Versorgung mit erneuerbaren Energien ist die wichtigste Voraussetzung für klimaneutrale Rechenzentren. Um einen verlässlichen Zugang zu Grünstrom zu unterstützen, sollte dessen Zertifizierung vereinfacht und die Vermarktung von Ökostrom erleichtert werden. Da sie nahezu vollständig elektrifiziert sind, wirkt sich eine nachhaltige Stromversorgung unmittelbar und positiv auf ihre Klimabilanz aus.
Neben der Verfügbarkeit der Energie sind die Kosten ein entscheidender Faktor. Heute werden Rechenzentren und Telekommunikationsnetze in Deutschland im Gegensatz zur klassischen Industrie nicht als produzierendes Gewerbe anerkannt und von zentralen Entlastungen ausgeschlossen. Das führt zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen gegenüber Nachbarstaaten, in denen Energiekosten für digitale Wertschöpfung gezielt gesenkt werden. Deshalb muss die energieintensive Digitalwirtschaft in die bestehenden Entlastungsmaßnahmen für energieintensive Industrien einbezogen werden. Die im Koalitionsvertrag zugesagten Schritte sollten umgesetzt werden, um die Standortbedingungen nachhaltig zu verbessern. Voraussetzung dafür ist eine Aufnahme der Branche in die europäische KUEBLLListe, da nationale Alleingänge beihilferechtlich nicht tragfähig sind.
Ein weiteres Hemmnis ist die Stromsteuer, die in Deutschland seit 2003 unverändert bei 20,50 Euro pro Megawattstunde liegt – und damit deutlich über dem europäischen Mindestwert von 0,50 Euro. Während klassische Industrien wie Stahl oder Chemie Befreiungen und Reduzierungen erhalten, bleiben Rechenzentren ausgeschlossen. Für eine faire und wettbewerbsfähige Behandlung schlagen wir eine Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß und eine Ausweitung der Begünstigungen auf digitale Infrastrukturen vor
Auch beim Thema Netzentgelte sind Korrekturen notwendig. Die von der Bundesnetzagentur angeregte Abschaffung der reduzierten Netzentgelte für Grundlastverbraucher (§ 19 StromNEV) würde Rechenzentren besonders hart treffen. Aufgrund der durchgehenden Nachfrage nach Rechenleistung können sie ihre Lasten häufig nicht flexibel verschieben. Es braucht daher Ausnahmen oder spezifische Entlastungen, die die Besonderheiten digitaler Infrastrukturen berücksichtigen.
Zusammengefasst muss die Politik dafür sorgen, dass Rechenzentren in Deutschland eine stabile, ausreichende und nachhaltige Stromversorgung mit international wettbewerbsfähigen Preisen erhalten, dass Netzanschlüsse fair und effizient vergeben werden und dass digitale Infrastrukturen in die energiepolitischen Entlastungsinstrumente einbezogen werden. Nur so können Rechenzentren die Grundlage für die digitale Transformation und die klimaneutrale Zukunft sichern.
Welche Rolle sollte der Staat bei der Entwicklung einer souveränen und resilienten Recheninfrastruktur einnehmen?
Der Staat sollte als Gestalter und Befähiger klare, verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, um Investitionssicherheit zu gewährleisten und Innovationspotenziale nicht durch übermäßige Regulierung zu hemmen. Das Ziel sollte sein, dass der Staat die Voraussetzungen dafür legt, dass private Anbieter leistungsfähige, sichere und nachhaltige Infrastrukturen bereitstellen können. Das gilt auch für den eigenen Bedarf der öffentlichen Hand, der so durch klar definierte Bedarfe gedeckt werden kann. Er muss Genehmigungsverfahren straffen und verbindliche Maßnahmen zur Identifizierung und zum Ersatz veralteter Anlagen einführen Zudem sollte er die Entwicklung und Übernahme internationaler KI-Standards aktiv fördern und die europäische Standardisierungsarbeit daran ausrichten PPPModelle sollten insbesondere bei der Nutzung von Abwärme, der Integration von Energiespeichern sowie beim Aufbau lokaler Energieverbünde und -infrastrukturen zum Einsatz kommen. Dies ermöglicht sektorübergreifende Synergien und beschleunigt die Dekarbonisierung. Die flächendeckende Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Quellen muss gewährleistet sein, insbesondere im Kontext regulatorischer Vorgaben zur Nutzung von 100 Prozent erneuerbarer Energie durch Rechenzentren. Hierzu sind Netzausbau, Speicherlösungen und Flexibilitätsmechanismen entscheidend.
Dafür braucht es einen übergeordneten Masterplan bzw. eine Strategie, die klar festlegt, wo die Aufgaben des Staates liegen und welche Hebel (Initiativen, Rahmenbedingungen, Maßnahmen) bewegt werden müssen. Die derzeit in Arbeit befindliche Rechenzentrumsstrategie, mit ihrer frühzeitigen und engen Einbindung von Stakeholdern, ist daher genau der richtige Ansatz und sollte konsequent sowie detailliert ausgearbeitet und dann auch möglichst zügig umgesetzt werden.
Wichtige Leitprinzipien sind dabei Anreize und Orientierung. Durch gezielte „Nudging“-Ansätze anstelle von Detailregulierung lassen sich Nachhaltigkeitsziele wirksamer erreichen und Innovationspotenziale entfalten. Dazu gehören etwa die Bereitstellung geeigneter Ansiedlungsflächen mit gesicherter Verfügbarkeit erneuerbarer Energien und Abwärmenutzung, steuerliche Vorteile für nachhaltige Projekte, beschleunigte Genehmigungsverfahren sowie Investitionsförderprogramme. Regulierung sollte als Mittel dort greifen, wo Marktakteure sich entgegen den gesetzten Zielen verhalten. Für die Mehrheit jedoch lassen sich die gemeinsamen Ziele am besten durch klar definierte Leitplanken und Anreize erreichen.
Darüber hinaus sollte der Staat Innovationen bei Rechenzentren aktiv fördern, etwa durch Forschungsprogramme und eine innovationsfreundliche Ausgestaltung regulatorischer Vorgaben Insbesondere nachhaltige Kühlsysteme und modulare Bauweisen sollten gezielt unterstützt werden. Des Weiteren ist neben der technologischen Entwicklung eine aktive Unterstützung des Wissensaustausches zwischen Forschungseinrichtungen und Industrie notwendig. Industrienahe Transferplattformen haben sich in der Vergangenheit als geeignetes Mittel etabliert, um Wissensflüsse breitenwirksam zu gewährleisten. Innovationen deutscher und europäischer Start-ups und Unternehmen sollten gezielt unterstützt werden, beispielsweise durch eine Anpassung von Vergabe und Ausschreibungsrichtlinien. Dennoch besteht die Gefahr, dass staatliche Markteingriffe Marktmechanismen
verzerren und industriepolitischen Dirigismus verstärken. Daher sollte klar begründet werden, in welchen Fällen staatliches Engagement tatsächlich unverzichtbar ist und wie eine Balance zwischen Förderung und marktwirtschaftlicher Eigenverantwortung gewährleistet werden kann. Einen weiteren besonderen Hebel hat die öffentliche Verwaltung selbst: Als Vorreiterin und verlässlicher Ankerkunde kann sie den Einsatz souveräner und nachhaltiger Rechenzentrumsleistungen vorantreiben und damit Marktsignale setzen, die für den Aufbau einer starken, resilienten Infrastruktur unverzichtbar sind.
Zusätzlich muss der Staat Rahmenbedingungen für KI-Recheninfrastrukturen schaffen, wie „AI Factories" und „Gigafactories". Nur so kann Deutschland der rasant wachsenden Nachfrage auch bei weiterem transformativem, technologischem Fortschritt gerecht werden und zugleich mehr Souveränität in der Wertschöpfungskette aufbauen. Öffentliche Vergabeverfahren sollten Qualitätskriterien wie Sicherheit, Resilienz und Energieeffizienz berücksichtigen. An geförderten Projekten sollte die Beteiligung deutscher und europäischer Unternehmen sichergestellt werden, beispielsweise durch entsprechende gesetzliche Vergabe- und Ausschreiberichtlinien.
Der Staat sollte Förderer von Cybersicherheit und Resilienz sein, indem er Rechenzentren als kritische Infrastruktur gesetzlich anerkennt und entsprechend schützt, sowohl physisch als auch im Cyberraum. Rechenzentren sollten in die nationale Sicherheitsarchitektur eingebettet werden, vergleichbar mit der Wasser- oder Energieversorgung. Hierfür muss er starke Cybersicherheitspolitiken in Investitionsprojekten und die Einführung von KI-Tools in der Cybersicherheit fördern sowie Maßnahmen zur physischen Absicherung sowie zur Versorgungssicherheit gezielt unterstützen und koordinieren. Darüber hinaus ist Redundanz ein entscheidender Faktor für Resilienz. Eine resiliente Infrastruktur ist nicht nur robust, sondern auch anpassungsfähig gegenüber zukünftigen Krisen und technologischen Umbrüchen. Im Lichte der digitalen Souveränität sollte die Nutzung und Integration lokaler Dienstleistungen gefordert und gefördert werden. Zugriffe und Zutritte von unzuverlässigen Herstellern oder Dienstleistern sollten unterbunden werden.
Schließlich muss der Staat als Vorreiter bei der Digitalisierung des öffentlichen Sektors fungieren, indem er die Cloud-Migration und Modernisierung veralteter Infrastrukturen vorantreibt und eine effektive Datenstrategie entwickelt, die fragmentierte Datensätze aufbricht und Interoperabilität fördert.
Gibt es konkrete Maßnahmen oder Best Practices aus Ihrer Praxis / Erfahrung, die in die Strategie aufgenommen werden sollten?
Konkrete Maßnahmen
▪ Das Energieeffizienzgesetz muss praxisgerecht überarbeitet und die Abwärmenutzung gezielt gefördert werden. Im Rahmen der Novelle muss die bestehende Ausnahmeregelung für Netzknoten und damit für die Telekommunikationsinfrastruktur erhalten bleiben. Einheitliche europäische Rahmenbedingungen sind erforderlich, nationale Alleingänge dürfen nicht die Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Die Abwärmenutzung sollte durch steuerliche Entlastungen für Energieversorgungsunternehmen, eine vorausschauende Wärmeplanung und den Ausbau moderner Wärmenetze gestärkt werden
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Eine stabile, ausreichende und nachhaltige Stromversorgung mit international wettbewerbsfähigen Preisen ist die Grundvoraussetzung für einen starken Rechenzentrumsstandort 2030. Dafür braucht es ein Verfahren zur effizienten Verteilung von Netzkapazitäten und Maßnahmen zur Senkung der Stromkosten. Der beste Weg, kurzfristig die verfügbare Energie zu
maximieren, ist die Modernisierung des Stromnetzes und der verstärkte Einsatz energieeffizienter Technologien.
▪ Bereitstellung finanzieller Anreize für die Einführung von Energiemanagementsystemen und energieeffizienten IKT-Technologien in Rechenzentren, um Energieverschwendung zu reduzieren, Betriebskosten zu senken und den CO₂-Fußabdruck zu minimieren. Solche finanziellen Anreize können beispielsweise in Form von direkten Investitionszuschüssen, dauerhaft günstiger Abschreibungsbedingungen und einer ausgeweiteten und verbesserten Forschungszulagen ausgestaltet werden.
▪ Planungs- und Genehmigungsprozesse müssen vereinheitlicht, vereinfacht, digitalisiert und beschleunigt werden, um dem steigenden Bedarf an Rechenzentrumskapazitäten zeitgerecht nachzukommen. Insbesondere das bessere Zusammenwirken der Zulassungsbehörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene ist ein zentraler Hebel zur Förderung von Rechenzentrumsinvestitionen Konkret sollte ein bundesweit einheitlicher Leitfaden für die Genehmigung von Rechenzentren entwickelt werden und ein digitales Genehmigungsportal mit klaren Zuständigkeiten und Fristen geschaffen werden.
▪ Geeignete Flächen für Rechenzentren müssen systematisch ausgewiesen werden. Rechenzentren sind eine Chance für Kommunen, weshalb ihre Ansiedlung integraler Bestandteil kommunaler und regionaler Entwicklungsstrategien sein sollte.
▪ Zirkuläres Design rechnet sich für Rechenzentren oft nicht ohne Förderung, weil die höheren Anfangsinvestitionen, längeren Amortisationszeiten und fehlende Marktanreize für langlebige oder modulare Komponenten aus betriebswirtschaftlicher Sicht meist nicht durch kurzfristige Einsparungen ausgeglichen werden. Gegenmaßnahmen sind die Förderung der Nutzung von Prinzipien des zirkulären Designs in Rechenzentren, um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern (z. B. modulare Server)
▪ Rechenzentren müssen KI-Workloads unterstützen, die Hochdurchsatz- und NiedriglatenzNetzwerke erfordern. Investitionen in skalierbare Netzwerke (connectivity network) sind ebenfalls entscheidend für die Zukunft des Edge Computing, welches für latenzkritische KI-Anwendungen wichtig ist. Rechenzentren sind entscheidend für Inferenz / Training, doch der Trend geht hin zu einer stärker verteilten Datenverarbeitung. Insofern sollte sowohl der Bedarf an zentralisierten Rechenzentren als auch an Edge Computing in der Strategie berücksichtigt werden.
▪ Anforderungen an Unternehmensrechenzentren berücksichtigen. Nicht nur Hyperscale-Rechenzentren sind wichtig, um Innovationen und die Einführung von KI zu fördern, sondern Unternehmen müssen auch ihre bestehenden Rechenzentren modernisieren, um die steigenden Anforderungen an die Datenverarbeitung durch KI bewältigen zu können. Investitionen in solche technischen Erneuerungen sollten erleichtert werden. Außerdem unterliegen Rechenzentren in gemischt genutzten Einrichtungen (z. B. Gewerbeparks) oft Beschränkungen hinsichtlich der verfügbaren Strommenge, was wiederum die Rechenkapazität begrenzt.
▪ Öffentliche Vergabeverfahren für Rechenzentrumsinfrastruktur und -komponenten sollten die frühzeitige Integration von Resilienzanforderungen gemäß Cyber Resilience Act einfordern Vertragliche Dienstleistungen von Dritten im Rahmen des Betriebs oder der Wartung sollten zudem an Cybersicherheitsanforderungen geknüpft sein.
im Rahmen des Konsultationsprozess zur nationalen Rechenzentrumsstrategie
▪ Etablierung von Hardware- / Software-Lifecycle-Management-Richtlinien, die eine zeitnahe Entfernung und den Ersatz veralteter Geräte sicherstellen, um Sicherheitsrisiken zu verringern und die Skalierbarkeit der Infrastruktur zu erhalten, was die allgemeine Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechenzentrums verbessert.
▪ Neue Maßnahmen im Rahmen der Rechenzentrumsstrategie sollten eng mit bestehenden europäischen und nationalen Initiativen wie dem Chips Act, IPCEI AI oder Verteidigungsinvestitionen abgestimmt werden. Nur so können Synergien genutzt und eine Fragmentierung der Förderlandschaft vermieden werden.
Best Practices aus der Praxis / Erfahrung
In Schweden gibt es die Stockholm Data Parks. Hier werden spezielle Flächen für die Ansiedlung von Rechenzentren bereitgestellt, an denen die Standortbedingungen optimal sind. Dazu gehören günstige grüne Energie, ein ausreichend dimensioniertes Wärmenetz für die bezahlte Abnahme der Abwärme und Glasfaseranbindung. So können nachhaltige und sehr wirtschaftliche Rechenzentren entstehen. Hierfür arbeiten Stadt, Energieversorger, Wärmenetzbetreiber, städtischer Glasfasernetzbetreiber und Wirtschaftsförderung zusammen.
In Aragón, Spanien, existiert ein innovativer Genehmigungsrahmen, der Genehmigungsdauern stark reduzieren kann. Der Genehmigungsrahmen von Aragón basiert auf zwei wichtigen Rechtsinstrumenten: dem Plan de Interés General de Aragón (PIGA) und der Declaración de Interés General de Aragón (DIGA). Diese Mechanismen sind in der regionalen Gesetzgebung kodifiziert und sollen die Entwicklung von Projekten, die als strategisch wichtig erachtet werden, beschleunigen. DIGA ist die erste Stufe, in der ein Projekt offiziell als von allgemeinem Interesse für Aragón anerkannt wird. Diese Erklärung ermöglicht es dem Projekt, die üblichen kommunalen Bebauungsbeschränkungen zu umgehen und es an die regionalen Entwicklungsprioritäten anzupassen. PIGA folgt als zweite Stufe und bietet einen umfassenden Planungs- und Genehmigungsrahmen, der mehrere Genehmigungen in einem einzigen, gestrafften Verfahren zusammenfasst. Er umfasst Rechtsnormen (z. B. städtebauliche Vorschriften) und Verwaltungsakte (z. B. Baugenehmigungen) und ermöglicht die parallele Bearbeitung von Umwelt- und Infrastrukturgenehmigungen. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern, in denen die Genehmigungsfristen oft zwischen 14 und 48 Monaten liegen, kann der PIGA/DIGA-Prozess in Aragón die Genehmigungsdauer auf unter zwölf Monate verkürzen. Der Erfolg dieses Modells wird durch einen starken politischen Willen auf regionaler Ebene untermauert – die Regierung von Aragón unterstützt aktiv den Einsatz von PIGA/DIGA, um hochwirksame Investitionen anzuziehen.
In Frankreich werden im Rahmen einer umfassenden KI-Investitionsoffensive gezielt Standorte für große Rechenzentren ausgewiesen. Diese Standorte liegen in unmittelbarer Nähe zu Hochspannungsnetzen und verfügen über vorab gesicherte Stromkapazitäten. Damit verkürzt sich nicht nur die zeitaufwendige Standortsuche, sondern auch die Genehmigungs- und Anschlussverfahren werden erheblich beschleunigt. Durch ein spezielles „Fast-Track“-Verfahren können Investoren Anschlusskapazitäten frühzeitig reservieren und erhalten innerhalb klar definierter Fristen Planungssicherheit. Das ermöglicht es, Großprojekte im Bereich Rechenzentren schneller umzusetzen und so die digitale Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs zu stärken. Gleichzeitig sorgt die staatliche Vorplanung dafür, dass Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und regionale Entwicklungsziele in die Standortentscheidung integriert werden.
Der UK AI Energy Council ist eine gemeinsame Initiative von Regierung, Energieversorgern und Technologieunternehmen. Sein Ziel ist es, die britische Energieinfrastruktur so auszurichten, dass der
wachsende Strombedarf von KI-Systemen und großen Rechenzentren nachhaltig und zuverlässig gedeckt werden kann. Als zentrale Plattform für Austausch und Koordination bringt der Rat Energieunternehmen, Technologieanbieter, Regulierungsbehörden und die Politik an einen Tisch. Durch regelmäßige Treffen werden Fortschritte überprüft, Herausforderungen identifiziert und Strategien entwickelt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Stromnetzengpässen.
Finnland gilt aus mehreren Gründen als vorbildliches Beispiel als attraktiver Standort für Rechenzentren. Das Land hat nahezu alle Verwaltungsleistungen digitalisiert. Bevölkerung und Unternehmen verfügen über hohe digitale Kompetenzen, und im Großraum Helsinki hat sich eine innovationsfreundliche Start-up-Szene entwickelt. Für Rechenzentren bietet Finnland eine stabile und nachhaltige Energieversorgung mit hohem Anteil erneuerbarer Energien sowie ein zuverlässiges Stromnetz mit geringer Ausfallrate. Klare Datenschutzgesetze (DSGVO-konform) und politische Stabilität schaffen zusätzliches Vertrauen. Hinzu kommt eine gute internationale Konnektivität über Glasfasernetze sowie die Nähe zu nordischen und baltischen Märkten. Der finnische Staat unterstützt die Ansiedlung neuer Rechenzentren zudem aktiv durch steuerliche und infrastrukturelle Anreize.
Singapur hat sich als digitales Drehkreuz Südostasiens etabliert. Das Land verfügt über eine hochentwickelte Netzwerkinfrastruktur mit direkter Anbindung an globale Glasfasernetze und eine hohe internationale Interkonnektivität. Die Regierung weist gezielt Flächen für Rechenzentren aus und erlaubt seit 2022 nur noch den Bau von „grünen“ Anlagen, die strenge Vorgaben zur Energieeffizienz erfüllen. Klare Datenschutzgesetze, regulatorische Stabilität und eine proaktive Regierungspolitik schaffen zusätzliche Planungssicherheit. Ergänzt wird dies durch ein dynamisches Innovations- und Tech-Ökosystem mit zahlreichen Start-ups sowie durch staatliche Förderprogramme für KI, Cloud und digitale Transformation.
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