Small Mid-Cap Companies (SMC): Potenziale entschlossen heben

Page 1


POSITIONSPAPIER | MITTELSTANDSPOLITIK | SMALL MID-CAPS

Small Mid-Cap Companies (SMC): Potenziale entschlossen heben

Industriellen Mittelstand in Europa stärken

08. Oktober 2025

Kontext

Auf Grundlage intensiver Vorbereitungen und nachvollziehbarer Erwägungen hat die EU-Kommission im Mai 2025 vorgeschlagen, ergänzend zur Kategorie „kleinste, kleine und mittlere Unternehmen“ (KMU) eine eigenständige Unternehmenskategorie „Small Mid-Cap Companies“ (SMC) einzuführen Das ist im Sinne einer spürbaren EU-Mittelstandspolitik ausdrücklich zu begrüßen.

Politisches Momentum hat der Vorschlag unter anderem durch das „SME-relief-package“ der EU-Kommission vom September 20231 sowie die aufrüttelnden Analysen und klaren Empfehlungen aus den Berichten von Mario Draghi zur Wettbewerbsfähigkeit Europas und von Enrico Letta zum EU-Binnenmarkt bekommen

Wissenschaftliche Studien sehr unterschiedlicher Herkunft haben die europaweite Quantität / Landschaft von SMC vermessen und – vor allem und übereinstimmend – deren besondere Qualität aufgezeigt. Zu nennen sind etwa die Erkenntnisse des AIT2 , der EIB3 oder des IW Köln4

In und aus Deutschland heraus haben die Bundesregierung5 , der BDI6 und allerhand Branchenverbände für eine Kategorie SMC geworben, um gezielte Unterstützung für eine spezifische Unternehmenskategorie ergänzend zu KMU zu ermöglichen. Trotz unterschiedlicher Vorschläge zur Ausgestaltung der Schwellenwerte war gemeinsame Überzeugung, dass ausdifferenzierte Branchen- und

1 KOM 2023/ 535 final

2 Austrian Institute of Technology: “Study to map, measure and portray the EU mid-cap landscape” , Luxemburg 2022 (erstellt im Auftrag der EU-Kommission)

3 Europäische Investitionsbank (EIB): “Hidden champions, missed opportunities – mid caps crucial role in Europe´s economic transition” , Brüssel 2024 (gemeinsam mit European Policy Centre EPC)

4 Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln): “Mid caps and family businesses: How strong is the large SME-sector in Germany, Köln 2024 (= IW Analyse 157)

5 Deutsche Bundesregierung: Stellungnahme zur öffentlichen Konsultation zur Überprüfung der europäischen KMU-Definition, Berlin 2018

6 Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): „Die europäische KMU-Definition zukunftsfest machen“ , Berlin 2018 sowie „Mid-Caps ergänzend zu KMU als Unternehmenskategorie einführen“ , Berlin 2023

Fabian Wehnert | Mittelstand und Familienunternehmen | T: +49 30 2028-1470 | f.wehnert@bdi.eu | www.bdi.eu

Unternehmensstrukturen ein Garant für dynamische Wettbewerbsvorteile der deutschen Industrie in Europa und weltweit sind. Unternehmerische Ökosysteme, Cluster und Netzwerkstrukturen, die steter Überprüfung und dynamischer Veränderung standhalten, haben eine besondere Bedeutung, um Kompetenzbündel und Synergien – und damit Wettbewerbsvorsprünge – entwickeln zu können. In diesem Verständnis spielen gerade SMC eine wichtige Rolle.

Vorschlag der EU-Kommission und erste Bewertung

Laut Vorschlag der EU-Kommission7 sollen Small Mid-Caps (SMC) solche Unternehmen sein, die formal keine KMU mehr sind, aber dennoch nicht Strukturen oder Ressourcen von Großunternehmen aufweisen. Konkret soll ein Unternehmen als SMC gelten, wenn es:

▪ mehr als 249 und weniger als 750 Mitarbeitende beschäftigt und

▪ entweder einen Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. Euro und weniger als 150 Mio. Euro erwirtschaftet oder eine Bilanzsumme von über 43 Mio. Euro und weniger als 129 Mio. Euro aufweist.

Für SMC gelten also dreimal so hohe Schwellenwerte wie für KMU, was der unternehmerischen Praxis im industriellen Mittelstand und in leistungsfähigen Wertschöpfungsverbünden entgegenkommt sowie mittelstandspolitisch einen deutlichen Schritt nach vorn bedeutet Eine gezielte und operationalisierbare Differenzierung von EU-Politik entlang von Unternehmensgrößen war überfällig. Die Kategorie SMC bietet klare Vorteile für wettbewerbsfähige Unternehmen und spürbare EU-Politik. Es erscheint als gute Grundlage für weitere hilfreiche Maßnahmen

Schlussfolgerung und Handlungsempfehlungen

Aktuell schlägt die EU-Kommission vor, die Kategorie SMC ausschließlich für bürokratische Entlastung in ausgewählten Fällen zu operationalisieren. Im „Omnibus-Paket IV“ sind dafür explizit genannt:

▪ Datenschutz-Grundverordnung (EU) 2016/679

▪ Batterieverordnung (EU) 2023/1542

▪ Grundverordnung zum Schutz gegen gedumpte Einfuhren (EU) 2016/1036

▪ Grundverordnung zum Schutz gegen subventionierte Einfuhren (EU) 2016/1037

▪ Prospektverordnung (EU) 2017/1129

▪ F-Gase-Verordnung (EU) 2024/573

▪ Richtlinie über die Resilienz kritischer Entitäten (CER) (EU) 2022/2557

▪ Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) (EU) 2014/65.

7 KOM C 2025 / 3500 final

Die EU-Kommission schätzt (plausibel), dass Ausnahmeregeln für SMC allein entlang der genannten Fälle zwischen rund 79 und 93 Mio. Euro pro Jahr an bürokratischen Kosten für Unternehmen in der EU einsparen.

Angesichts konjunkturell und strukturell wachsender Herausforderungen im industriellen Mittelstand bleiben EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Ministerrat aufgefordert, die SMC-Kategorie8 zügig in der Breite einzuführen und umfassend zu operationalisieren. Das wäre ein weiterer Baustein für eine EU-Mittelstandspolitik, die in der Praxis spürbare Ergebnisse bringt Eine konzentrierte und zügige Umsetzung des von der EU-Kommission vorgeschlagenen „Omnibus-Paket IV“ wiederum bietet einen weiteren Hoffnungsschimmer für sinkende Bürokratiekosten in Unternehmen

Gleichzeitig gilt es, das Momentum in Brüssel und in vielen EU-Mitgliedstaaten zu nutzen und zugunsten von mehr Wettbewerbsfähigkeit und stärkerer Resilienz weitere mittelstandspolitische Schritte über reine KMU-Politik hinaus vorzusehen. In diesem Sinne sind alle EU-Institutionen aufgefordert:

▪ Kategorien SMC und KMU in Gesamtschau bewerten und entwickeln

Ergänzend zum Vorschlag zu SMC gehört auch die Definition von KMU modernisiert Die quantitativen Kriterien für Umsatz und Bilanzsumme sind über 20 Jahre alt und spiegeln nicht dynamische Kostensteigerungen vor allem der letzten Jahre etwa bei Rohstoffen oder Energie.

So könnten die KMU-Schwellenwerte auf 100 Mio. Euro Umsatz und 86 Mio. Euro Bilanzsumme verdoppelt werden. Darauf aufbauend würden in einem nächsten Schritt auch die Schwellenwerte für SMC steigen. Geht man erneut vom dreifachen der KMU-Definition aus, so sollten SMC dann einen Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. Euro und weniger als 300 Mio. Euro erwirtschaften oder eine Bilanzsumme von über 86 Mio. Euro und weniger als 258 Mio. Euro aufweisen.

Grundsätzlich sollten KMU und SMC klare Entwicklungs- und Aufstiegsperspektiven erkennen können Es gilt, Wachstumspfade mittelstandspolitisch gezielt zu unterstützen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit sowie Resilienz von Unternehmen und von industriellen Wertschöpfungsverbünden am Standort zu stärken

▪ Praktische Fragen zur Umsetzung der Kategorie SMC klären und lösen

Die praktische Anwendung der Kategorie würde es erleichtern, wenn die beiden Schwellenwerte nicht als „und“, sondern als „oder“ zu prüfen sind. Ohnehin stärkt es das aktuelle Abbild der Wirklichkeit, wenn finanzielle Schwellen regelmäßig an die Entwicklung der Kostensteigerung angepasst werden.

Die Rechts- und Planungssicherheit von Unternehmen steigt, wenn die Definition von „verbundenen Unternehmen“ vereinheitlicht, praxisnah operationalisiert und zweifelsfrei kommuniziert wird Immer wieder ist unklar, ob ein Unternehmen zur Kategorie KMU oder SMC gehört, da letztlich nicht eindeutig geregelt ist, welche Unternehmen (Gesellschaften, Strukturen) als „verbunden“ einzubeziehen sind.

Für ein transparentes Lagebild rund um SMC sowie zur gezielten politischen Operationalisierung gilt es, die amtlichen Statistiken – europäisch und national – anzupassen. Es braucht die

8 Empfehlung veröffentlicht in ABL 2025/1099 vom 28. Mai 2025

Beschäftigtengrößenklasse 250 bis 749 Beschäftigte in der europäischen Strukturstatistik. Dies kann ohne Belastung für Unternehmen einhergehen, da Daten in nationalen Statistikämtern vorliegen und über Rechenprogramme gebildet werden können. Belastbare Angaben zur Anzahl der Unternehmen, zu Umsätzen, Investitionen und weiteren Kenngrößen ermöglichen gezielte und spürbare Politik, sie ermöglichen belastbare Folgenabschätzungen. Eine erste Annäherung zum Zahlengerüst am Standort Deutschland ist im Anhang zu finden.

▪ Small Mid-Caps über die in „Omnibus IV“ genannten Rechtsakte hinaus von bürokratischen Kosten entlasten

Seit Jahren sind der BDI und sein europäischer Dachverband BusinessEurope mit konkreten Vorschlägen in zuständigen Gremien und Strukturen sowie national und europäisch aktiv, um Bürokratiekosten für Unternehmen, die aus EU-Vorgaben (inklusive nationaler Umsetzung / Übererfüllung) stammen, ex-ante möglichst zu vermeiden und ex-post gezielt abzubauen An dem Punkt sollte auch die europäische und nationale Politik entschlossen ansetzen und weitere EU-Rechtsakte für Ausnahmeregelungen zugunsten von KMU und SMC identifizieren.

Noch dazu sollte Augenmerk künftig mit darauf liegen, „trickle-down-Effekte“ von EU-Vorgaben zwischen meist eng verbundenen Unternehmen(-skategorien) in Wertschöpfungsverbünden und Lieferketten zu erkennen, zu verstehen und zu vermeiden. Die einschlägigen Diskussionen um CSRD und CSDDD, die Vorschläge im Kontext des „Omnibus-Paket I“ oder der VSME-Standard bieten reichlich Anschauungsmaterial und politische Anregung.

▪ Small Mid-Caps auch finanziell gezielt fördern

Die anstehende Konkretisierung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für die Jahre 2028 ff bietet gute Möglichkeit, um auch SMC an gezielte EU-Förderung heranzuführen. Um gewünschte KMU-Förderung nicht zu beeinträchtigen, könnten eigene „SMC-Fenster“ vorgesehen sowie Mittel degressiv zugeordnet oder gedeckelt werden. Pilotprojekte etwa auf den Feldern Transformation, Klima, Umwelt, Forschung & Entwicklung oder Internationalisierung könnten zeigen, ob und wie zielgerichtete Förderung von SMC ankommt und damit die bestehende Lücke zwischen Förderung von KMU und Großunternehmen geschlossen sowie in welchem Umfang damit Ziele der EU unterstützt werden.

Eine detaillierte Gesamtschau und Position des BDI zum Vorschlag der EU-Kommission zum MFR liegt separat vor9 .

9 Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): „Europas Wettbewerbsfähigkeit sichern. Der nächste Mehrjährige Finanzrahmen braucht Investitionspriorität“, Berlin 2025

Anhang: Annäherung an die Unternehmenslandschaft in Deutschland (Stand 2023)

Anzahl von Unternehmen entlang Beschäftigungsklassen

Umsatz insgesamt bis 250 Beschäftigte 250 bis 750 Beschäftigte 750 bis 1500 Beschäftigte 1500 bis 3000 Beschäftigte mehr als 3000 Beschäftigte

BDI-Darstellung; Sonderauswertung durch das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamts / Destatis 2025).

Impressum

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu

T: +49 30 2028-0

Lobbyregisternummer: R000534

Redaktion

Fabian Wehnert

Abteilungsleiter Mittelstand und Familienunternehmen

T: +49 30 2028-1470 f.wehnert@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D2125

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.